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Sternenstaub und Eismonde
Der Nachthimmel im März 2023

 

Der Blick an den Nachthimmel ist faszinierend und ernüchternd zugleich: Während die Sterne seit Generation die Fantasie der Menschen anregen, so schauen wir doch stets in für uns scheinbar unerreichbare Ferne. Der Gedanke, dass der Planet Erde und seine Lebewesen mit den Sternen eine gemeinsame Geschichte teilen, scheint abwegig. Doch genauso ist es. Was das All mit den irdischen Lebewesen zu tun hat, wird uns der Blick zum Orion zeigen. Außerdem gibt uns der abends gut sichtbare Jupiter einen Vorgeschmack auf eine wichtige Raumfahrtmission, die zu seinen Eismonden starten wird. Der aktuelle Nachthimmel hat also viel zu bieten.

 

Supernova im Himmelsjäger?


Wer in den Abendstunden nach oben schaut, kann es erkennen: Langsam verabschieden sich die Sternbilder des Winters von der Himmelsbühne. Namhafte Konstellationen wie Orion oder Stier neigen sich bereits auffallend in Richtung Westhorizont.
Der Stier ist ein ausgedehntes Sternbild, das an den antiken Mythos des Zeus erinnern soll, wie er als Stier verwandelt die Ägäis durchschwamm. Den Betrachter:innen des Nachthimmels fällt hier eines der bekanntesten astronomischen Objekte auf: Der Sternhaufen der Plejaden, auch Siebengestirn genannt. In einer klaren Nacht lassen sich mit bloßem Auge sieben oder mehr Sterne auf engem Raum erkennen. Aus 400 Lichtjahren Entfernung senden sie ihr Licht aus, wo sie – durch ihre Schwerkraft aneinandergebunden – als Sternhaufen aus insgesamt 400 Sternen durchs All treiben. Da sie ein gut sichtbares Himmelsobjekt sind, wurden die Plejaden seit Jahrtausenden von vielen Kulturen weltweit für kalendarische Zwecke benutzt. Sie finden sich auch auf der ältesten bekannten Himmelsdarstellung wieder: Der Himmelsscheibe von Nebra.


Orion steht östlich vom Stier. Er ist der mythologische Jäger aus der Antike Griechenlands, dessen helle Gürtelsterne auch am aufgehellten Stadthimmel eine markante Erscheinung sind. Unterhalb davon kann man an dunklen Standorten sogar mit bloßem Auge den Orionnebel erkennen – eine Geburtsstätte von Sternen.

 

Orion; Fotografie: Florian RüngerSternbild Orion, Fotografie von Florian Rünger


Oberhalb des Oriongürtels steht sein linker Schulterstern: Beteigeuze. Dieser Stern wird von Astronom:innen als Roter Überriese bezeichnet. Mit einem Durchmesser von über 500 Millionen Kilometern ist er ein Gigant. Stünde er, anstelle unseres Heimatsterns, im Zentrum des Sonnensystems, würde sich die Erde im Inneren dieses Riesensterns befinden. Beruhigend also, dass Beteigeuze in ca. 550 Lichtjahren Entfernung leuchtet – auch, weil er der nächstgelegene Kandidat für eine Supernova ist. Bei diesen stellaren Explosionen schleudert der Stern am Ende seines Lebens seine äußeren Hüllen von sich, während der Überrest seines kompakten Kerns zurückbleibt. Jeder Stern ist eine atomare Fabrik des Kosmos und bringt im Laufe seines Lebens viele Elemente, die auch für uns Menschen lebenswichtig sind, hervor: Durch Kernfusion entstehen Kohlenstoff, Sauerstoff, in großen Sternen wie Beteigeuze auch Eisen und andere schwere Elemente. Am Ende des Sternenlebens werden diese Elemente ins All geschleudert. Dort reichern sie sich in Entstehungsgebieten neuer Sterne an, aus denen später auch Planeten und vielleicht Lebensformen entstehen. Der Sauerstoff, den wir atmen, oder das Eisen in unserem Blut verdanken wir daher fernen Sternen wie Beteigeuze, welche diesen atomaren Cocktail erzeugten und im All verteilt haben.
Auch ohne dieses Hintergrundwissen dürfte die Explosion Beteigeuzes ein beeindruckendes Schauspiel werden: Wenn unsere Nachfahren in ein paar Generationen das Licht dieser Supernova am irdischen Himmel erblicken, wird es so hell leuchten wie der Halbmond und damit sogar tagsüber sichtbar sein.

 

Leben auf Monden?


An der spätwinterlichen Himmelsbühne begegnen sich Anfang März zwei Planeten: Jupiter und Venus. Tatsächlich trennen diese beiden Planeten etwa 600 Millionen Kilometer, doch stehen sie in diesen Nächten am Himmel auf einer Sichtlinie. Der schönste Anblick wird am 1. März erwartet, wenn beide Wanderer am Nachthimmel nur ein Grad voneinander entfernt als leuchtend helle Punkte gegen 19 Uhr über dem Westhorizont scheinen.

konjunktionKonjunktion von Venus & Jupiter, Simulation mit stellarium.org


Besonders Jupiter ist im Fernrohr ein detailreicher Himmelskörper. Es lassen sich verschiedenfarbige Wolkenbänder und Stürme in der Atmosphäre dieses Gasplaneten ausmachen. Außerdem sind die vier Galileischen Monde als Begleiter des Jupiters zu erkennen. Tatsächlich umkreisen nach heutigem Wissensstand 79 Monde den Gasplaneten, jedoch sind die Galileischen Monde mit Abstand die Größten.
Diese Monde sind von Interesse für die Weltraumforschung, da wir es bei dreien von Ihnen mit Wasserwelten zu tun haben: Unter kilometerdicken Eispanzern verbergen sich Ozeane und damit mögliche Habitate für die Entwicklung von Leben. Um das Geheimnis dieser Ozeane zu lüften, startet im April die europäische Raumsonde JUICE. Der “Jupiter Icy Moons Explorer” soll sich an der Spitze einer Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou aus auf den langen Weg zum Jupiter machen. Im Jahr 2031 wird die Raumsonde beim Jupiter ankommen. Ihre Aufgabe wird sein, die drei Monde Europa, Ganymed und Kallisto näher zu untersuchen. Neben einer hochauflösenden Kamera, einem Laser-Höhenmesser und verschiedenen Spektrometern ist ein Radar eines der Hauptinstrumente von JUICE. Das Radar soll die Eisschichten bis in 9 Kilometer Tiefe durchdringen und erstmals die Ozeane der drei Jupitermonde abbilden. Hoffentlich hat die Forschung am Ende dieser Mission ein besseres Bild von den Ozeanen auf Jupiters Monden.

 

Die Frühlingsboten


Im Laufe der Nacht gewinnen, aus Osten kommend, die Sternbilder des Frühlings an Höhe. Um Mitternacht kulminieren sie im Süden. Auffallend helle Sterne sind hier nur wenige auszumachen. Einprägsam sind aber die hellsten Sterne des Löwen, der Jungfrau und des Bärenhüters. Zusammen bilden sie das Frühlingsdreieck, dass schon manchen Amateurastronom:innen die Orientierung erleichtert hat.
Diese Himmelsregion zeichnet sich durch besonders tiefe Blicke ins All aus – die richtige Optik vorausgesetzt. Unsere heimatliche Milchstraße steht um Mitternacht nur noch knapp über dem Nordhorizont. Ihre Staubwolken versperren daher nicht die Sicht und wir können bereits mithilfe eines einfachen Fernrohrs weit entfernte Galaxien ausmachen: Sterneninseln wie unsere eigene Milchstraße.
Besonders leicht zu entdecken ist das Leo Triplett: Drei Galaxien, die sich unterhalb des Löwen befinden und bei niedriger Vergrößerung sogar auf einen Blick durchs Teleskop zu erkennen sind. Ihr Licht machte sich vor über 35 Millionen Jahren auf den Weg, um heute auf der Erde anzukommen.
Jeder Blick an den Nachthimmel – ob zu weit entfernten Galaxien oder zu Nachbarsternen – zeigt uns unsere kosmischen Wurzeln. Die Elemente, die unseren Planeten aufbauen, oder die Bestandteile des menschlichen Körpers, sind die Produkte der Nukleosynthese in Sternen. Wer in diesen Nächten nach oben schaut, sollte sich vergegenwärtigen, dass wir – im wahrsten Sinne des Wortes – Sternenstaub sind.